Wettermäßig begann der Tag sehr schön und sonnig. Nach dem Frühstück ging ich sofort raus und bereitete alles vor, um den Wartburg kippen zu können: Mülltonne und Schnickschnack vor der Wartburggarage räumte ich beiseite. Alles, was auf dem Wartburg lag und hinter dem Wartburg stand, räumte ich ebenso beiseite. Als Nächstes musste der Wartburg raus. Ich wollte es mit Schieben versuchen, obwohl ja beim letzten Mal das linke Hinterrad fest war. Ich hatte einfach keine Lust, Benzin in den Blumentopf zu schütten, der beim Kippen vermutlich eh übergelaufen wäre. Auch wollte ich die Siedlung nicht vollqualmen.
Ich stemmte mich also mit ganzer Wucht vorn gegen den Wartburg. Und er bewegte sich. Langsam. Ab und zu musste ich am Lenkrad kurbeln, um den Kurs zu ändern. Doch schließlich schaffte ich es, den Wartburg raus zu schieben. Der rechte hintere Reifen war komplett platt. Ich pumpte ihn sofort auf. Dann musste ich den Kofferraum leer räumen. Danach holte ich Wagenheber, Unterstellbock, Radmutternschlüssel und die Kippvorrichtung.
Zuerst mussten die Räder auf der Beifahrerseite ab, damit stattdessen die Tragscheiben, die auf Böcken ruhen, angeschraubt werden konnten. Auf Jenen würde dann das ganze Fahrzeuggewicht lasten. Leider ließ mich mein hydraulischer Wagenheber im Stich, indem er sich erneut selbstständig absenkte. Dabei hatte er neulich beim Bremsenwechsel am Skoda noch tadellos funktioniert.
Während ich vor mich hin fluchte, erschien wie durch ein Wunder Nachbar Arno neben mir. Er war meine Rettung. Er holte seinen Wagenheber rüber und ich konnte die Arbeit fortsetzen. In der Zwischenzeit stellte meine Frau den Stehtisch in die Garageneinfahrt und brachte Kaffee. Ich sagte zu Arno, dass ich uns ein Bier hole. Kurz darauf kam ich mit 2 Flaschen Brause zurück, mit der wir uns erst einmal erfrischten.
Die Räder waren ab, die Tragscheiben/-böcke waren dran. Nun musste die fette Querstange unter das Auto geschoben und auf der Beifahrerseite in die Wagenheberaufnahme gesteckt werden. Danach setzten wir die Hebesäule an, stellten ein Brettchen drunter und ich fing an zu kurbeln. Ganz am Anfang ging's noch einfach, dann immer schwerer, zum Schluss sauschwer. Mit beiden Armen musste ich mich in die Kurbel stemmen. Ich schwitzte wie blöde. Zusätzlich brannte die Sonne von oben. Irgendwann war es geschafft, der Sicherungssplint wurde eingeführt und die Kurbel ganz wenig zurück gedreht, sodass das Tragseil entlastet war. Zu unserer eigenen Sicherheit klemmten wir noch zusätzlich einen Holzbalken zwischen Boden und Rahmen. Ich staunte und machte Fotos.
Was ich sah, war OK. Keine Durchrostungen, nur Oberflächenrost. Selbst die Radschalen waren in einwandfreiem Zustand. Es war auch gar nicht so viel Dreck vorhanden, wie ich vermutet hatte. Tatsächlich war das alles eine dicke, fette Schicht irgendeines Konservierungsmittels.
Wir bauten den alten Frontspoiler (1. Serie) ab, dann baute ich testweise einen der Nebelscheinwerfer an und hielt den neuen Frontspoiler davor. Passte. Der Nebelscheinwerfer funktionierte auch. Der zweite allerdings nicht. Wir öffneten ihn. Bei einem Kabel war die Isolierung kaputt, weil es eingeklemmt war. Es war ansonsten aber intakt. Wir maßen alle Kabel mit dem Multimeter durch. Sie waren in Ordnung. An den Anschlüssen Auto-seitig kam auch Strom an. Es konnte also nur an der H3-Lampe liegen. Sie sah optisch aber intakt aus. Arno holte eine neue, aber auch mit dieser funktionierte es nicht. Egal, darum konnte ich mich ein anderes Mal kümmern.
In den folgenden Stunden war ich damit beschäftigt, Motor, Getriebe und Radaufhängung zu reinigen. Die Fahrwerksteile bürstete ich mit einer Drahtbürste ab. Motor und Getriebe pinselte ich mit Nitro-Verdünnung ein. Diesen Vorgang musste ich immer wieder wiederholen. Und mit jedem Mal wurden die Teile sauberer. Vorher war überall sone dicke, schwarze Fettschicht drauf, nun kam erstmals blankes Metall zum Vorschein.
Als Arno später wiederkam, wechselten wir das defekte Kugelgelenk. Das war nicht einfach. Das Lösen der Schrauben war noch am einfachsten. Aber wir mussten das Kugelgelenk irgendwie aus seinem Sitz rauskriegen. Eine Art Abzieher hatten wir nicht. Oben drüber war die Manschette der Gelenkwelle. Arno nahm dann einen langen Meißel, den er unter der Manschette auf die Mutter des Kugelgelenks legte und heftig mit einem Hammer drauf schlug. Tatsächlich kam das Kugelgelenk auf diese Weise raus. Bevor wir ein neues einbauten, machte ich alles schön sauber und fettete die Gewinde für die Schrauben sowie den Sitz des Kugelgelenks gut ein. Dann schraubten wir das neue Gelenk erst mal am unteren Querlenker fest. Nun war das Problem: Wie kriegen wir den Hals des Kugelgelenks in den Sitz? Wir schafften es mithilfe eines Brettchens und einer Schraubzwinge. Das war toll! Zum ersten Mal ein Kugelgelenk gewechselt. Dank der Hilfe von Arno. Aber Arno stellte auch fest, dass das Kugelgelenk im oberen Querlenker auch völlig kaputt ist. Dieses zu wechseln wird aber ungleich komplizierter, weil direkt über dem Kugelgelenk der Teller der Schraubenfeder ist. Und der ist im Weg.
Aber es war eh schon spät, es sah nach Regen und Gewitter aus. Robert hatte im neuen Frontspoiler die Aussparungen/Gitter entfernt, damit die Öffnungen für die Nebelscheinwerfer frei werden.
Wir räumten alles beiseite und ich ließ den Wartburg wieder runter. Dabei wunderten wir uns, dass sich die Räder plötzlich ganz leicht drehen ließen. Keines war mehr fest. So ließ sich der Wartburg dann auch ganz leicht schieben. Robert musste sogar die Handbremse anziehen, weil er alleine rollte. Robert lenkte, Olli saß hinten, ich schob den Wartburg in die Garage. Fertig.